Letzte Woche habe ich mich gefragt: „Spinnen die Isländer eigentlich alle?“
Nein, Moment, so stimmt das nicht. Eigentlich frage ich mich das doch jeden Tag. Aber diesmal war es schon etwas Besonderes. Denn nachdem mich die Einweihung der Wasserbücherei lediglich zu einem neuen Punkt auf meiner todo – Liste geführt hat und diese Meldung
außer einem kurzen Anruf nur noch ein leichtes Achselzucken zur Folge hatte, war es letzte Woche etwas anders.
Hier also das Tagebuch der Adventurewoche
Montag
Als mir mein Kollege entgegen kam – das Hemd verkehrt herum tragend, also vorne nach hinten – dachte ich noch kurz, man sollte ihn darauf aufmerksam machen. Ich verwarf den Gedanken schnell wieder, als ich jmd. anderen mit einer knallgelben Pappmütze begegnete. „Hier ist was im Busch“, dachte ich und wunderte mich kaum noch, als die nächsten Kollegen mir rückwärts gehend entgegen kamen.
„Wow, das wird eine lustige Woche, der Wahnsinn hat Einzug gehalten!“… oder war das schon immer so?
Endgültig verwirrt bin ich dann, als ich mich zur Mittagspause bei einem Wettessen wieder finde – als Teilnehmer – und mir wird heute noch leicht Übel bei der Erinnerung daran.
Dienstag
Etwas verschlafen betrete ich die Bank, während ich darüber sinniere, ob Isländer nun einfach verrückt sind oder nicht.
„Góðan dagin“, sage ich zu dem Menschen vor mir, der einen schwarzen und einen braunen Schuh trägt – der Wahnsinn geht weiter!
Nach dem Mittagessen ein kurzes Gespräch mit den Kollegen:
Erfolgreicher Tag heute, nicht wahr?
- unser Gespräch wird kurz unterbrochen von einer Gruppe um Örn, die in der Mitte des Raumes steht und lauthals versucht, das Geräusch eines Löwen nach zu machen – Löwen scheinen nicht so populär zu sein in Island, denn es hört sich ehr nach einem Schnurrkätzchen an, aber dafür war der Elefant und das Schwein erste Sahne! -
Aber zurück zu meinem Gespräch:
Also, einen guten Tag gehabt, bisher?
Ja, schon eine Rolle Recycling-Toilettenpapier an den Mann gebracht – für 100 ISK!
… sind wir nicht eigentlich Berater????
„Gut!“, denke ich, „Horizont-Erweiterung nennt man das glaube ich!“ Und vermutlich denken die Isländer (nicht die Isländerinnen), die heute knallroten Lippenstift tragen, das gleiche…
Mittwoch
Es ist Sommer geworden, ich weiß, aber Sonnenbrillen im Büro???
Ach ja, es ist ja Adventure-Week!
Und ich bin immer noch nicht zu einem endgültigen Ergebnis gekommen in der Frage, ob alle Isländer komplett verrückt sind. Ich würde ja gerne ein paar Isländer nach ihrer Meinung fragen, ab was soll ich mit einer Antwort machen, die von einem Luftgitarrensolo begleitet wird?
Andere Kollegen machen in Schürze auch keinen seriöseren Eindruck, wie ich finde. Aber manchen steht’s einfach!
Vielleicht frag ich mal Sveinn – Mist, der putzt gerade die Fensterscheiben von Autos für ein Entgelt von 100 ISK – Horizonterweiterung war das, glaub ich!
Donnerstag
„Góðan dagin“, Jón,… seit wann ist er Liverpool – Fan? Ich dachte, er hasst Liverpool,… ach ja, seine ganz persönliche Aufgabe für diesen Tag – Trage ein Liverpool – Shirt.
Also nein, das geht mir wirklich zu weit. Ich stelle mir vor, wie ich durch Köln laufe in enem „Leverkusen“-Shirt und sehe schon die Schlagzeil vor meinem geistigen Auge: „Kölner Berater stürzt sich in Vizekusen-Trikot von der Rheinbrücke!“
Nun gut, auch ich habe meine schwerste Aufgabe zu erfüllen: Komplimente bei jeder Konversation!
„Geile Frisur, weißt Du wo Asa ist?“
„Du siehst heute echt nicht schlecht aus, für Dein Alter, aber kannst Du mir mal dies und jenes geben?“
Irgendwie nimmt mich heute keiner ernst…
Mittagspause… wir kommen pünktlich zur Gesangseinlage von Team „Matti skratti og pattarnir“. Alle tragen dabei Ohrringe, aber das fällt schon nicht mehr auf, irgendwie…
Wo ist der Rest?
Ach so, die müssen heute im stehen essen und sind hoch gegangen – na prima!
Freitag
Wir haben uns was ganz gemeines für Jon´s Team ausgedacht, hehehe… Nagellack an 5 Fingern, einen Handschuh tragen und der Teamleiter einen Ohrring…
Ich freue mich schon auf diesen Tag, doch dann begrüßt mich mein Teamkollege, mit lackierten Fingernägeln: „Die Regeln haben sich geändert, noch nicht gehört?“ Das nennt man payback, glaub ich. Jedes Team muss die Regel selbst erfüllen, die eigentlich für jmd. anderen gedacht waren.
Ich weiß nicht so recht, ob mir Nagellack steht… Und mit meiner Frage, ob Isländer alle durchgeknallt sind, komme ich auch nicht recht weiter. Nun gut, so trage ich nun Nagellack und Handschuh, während andere Hüte oder Perücken aufhaben und wieder andere zum öfentlichen Seilchen springen verschwinden.
Gut, schlimmer kanns eigentlich nicht mehr kommen, oder?
Aber da war doch noch die Sache mit dem Erkennungszeichen fürs Team… Was trägt man denn so als fluffy, und wer hat uns diesen Namen unter gejubelt?
Und schon finde ich mich am Basteltisch wieder, habe ein Quietschentchen um den Hals hängen und dekoriere mich mit Wattebäuschen…
Ich glaube, den meisten andern gings nicht wirklich besser. Der Versuch, heute am wahnwitzigsten auszusehen würde scheitern. Es gibt immer einen, der ist besser…
Zurück zu meiner Frage… Sind Isländer eigentlich „alle beklopp? Im positiven Sinne, natürlich, also positiv beklopp?“, wie es Herr Calmund sagen würde…
Ich versuche einen anderen Ansatz und denke darüber nach, wie die Reaktionen waren, als ich mit Nagellack an den Fingern, einem Handschuh, Quietschentchen um den Hals und Wattebäuschen auf meinem Shirt zu Dominos Pizza gegangen bin.
Ich glaube es ging allen anderen genauso: ausser einem „I like you nailpolish“ habe ich nicht mal erstaunte Blicke geerntet und ich denke, ich habe zwei Sachen gelernt, in dieser Woche!
1. Vielleicht sind die Isländer alle verrückt, vielleicht aber auch nur alle andern. Aber eins ist sicher, sie haben definitiv nix gegen Verrückte auf dieser Insel hier!
2. Ganz eindeutig: Ich arbeite bei der coolsten Bank der Welt!
Dienstag, Juni 19, 2007
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